Jetzt hat also Meta (die Firma hinter Facebook, Instagram und Co) seine Idee wahrgemacht und einen „Twitter-Klon“ in den USA veröffentlicht. Angeblich sind schon zwanzig, dreißig oder hundert Millionen Menschen mit an Bord. Nun, mit Threads – so heißt die App – macht es Meta einem auch einfach. Wer einen Instagram Account hat, der kann sich mit den Login-Daten auch in Threads einloggen.
Threads kann anscheinend noch nicht viel, bietet aber immerhin 500 Zeichen Text und die Möglichkeit Bilder und Videos einzubinden. Damit ist es in Zeiten eines immer seltsamer werdenden Twitter wohl eine attraktive Alternative für einige. Man kommt schnell rein, viele (angebliche) „Berühmtheiten“ sind auch an Bord, und schon kann man da fortsetzen, wo man in Twitter aufgehört hat.
Ich selbst werde mir genau überlegen, ob ich Threads überhaupt ausprobieren soll – sofern es später offiziell in den EU-Raum kommt.
Denn Threads ist wie Twitter ein geschlossenes Haus – oder auch „Walled Garden“ genannt, trotz der Schnittstelle in das Fediverse. Dazu aber etwas später mehr.
Twitter sperrt sich ein
Twitter war einmal ein relativ offenes System. Man konnte per API (Schnittstelle) alles mögliche an Apps dranhängen und damit Tweets auslesen und posten. Spätestens mit der Übernahme durch Elon Musk ist das immer schwieriger geworden. Und in den letzten Wochen hat dann Twitter auch die Möglichkeit abgedreht, einzelne Tweets über das Web zu lesen – sofern man nicht einen Account besitzt und angemeldet ist.
Damit sind all meine Tweets für Außenstehende nicht mehr lesbar. Jeder Link, den ich jemals von meinem Blog oder sonst wo zu einem Tweet gesetzt habe, geht auf eine Anmeldeoberfläche. Würde ich jetzt noch twittern, könnte niemand Außenstehende:r meine Tweets lesen.
Lest ruhig mit
Das entspricht nicht meinem Verständnisses eines offenen Webs, wie ich es auch in meinem Open Blogging Manifest festgehalten habe.
„Nur ein Blog“ kann jede:r lesen – ob mittels Web Browser oder über RSS Feed.
Mein Microblog (microblog.at) ist ebenfalls öffentlich. Wer mag, kann meine Einträge in das Fediverse jederzeit auch über Web Browser unter @roblen@microblog.at nachlesen.
Man muss also weder mein Blog abonnieren noch einen Account auf einer Mastodon Instanz besitzen, um zu lesen, was ich so von mir gebe.
Threads
Jetzt kommt Threads. Auf der einen Seite gibt es sich offen, denn Meta will in Zukunft auch die AcitvityPub Schnittstelle unterstützen, mittels derer das Fediverse (so auch Mastodon, Peertube, Pixelfed und andere) miteinander kommuniziert. Damit besteht die Möglichkeit, dass Thread Nutzer:innen meinen Beiträgen auf microblog.at folgen könnten oder ich denen von Thread Nutzer:innen.
Das klingt zwar schon mal besser. Aber die Macht über diese Offenheit hat noch immer Meta. Auch Twitter war einmal offener. Gefällt Mark Zuckerberg diese Offenheit nicht mehr, dann schließt er diese Verbindung in das Fediverse. Und wie sieht es mit der Offenheit der Nachrichten in Threads selbst aus? Mein Aufruf von threads.net führt nur zu einer statischen Seite.
Im EU-Raum ist Threads noch gar nicht erhältlich, weil Meta Schwierigkeiten hat den Datenschutzbestimmungen hierorts nachzukommen. Und damit sind wir bei einem weiteren Problem all der Netzwerke, die sich gratis und kostenlos nennen und eigentlich auf unsere Kosten Geld verdienen, in dem sie unsere Nutzer:innen-Daten verwerten und unsere Timelines mit Werbung vollspülen.
Verliert das Fediverse?
Und schon sind wir wieder in der Diskussion, ob durch Threads eventuell das Fediverse verlieren wird? Ob durch Threads weniger Nutzer:innen von Twitter zu Mastodon abwandern?
Die Frage ist, ob diese Diskussion in die richtige Richtung führt.
Eric Eggert hat für mich eine gute Antwort darauf gegeben:
Like blogs, the Fediverse does not need to win. This is not about having the most users. Or making the most money. This is about interested people finding and connecting. It doesn’t really matter how large it is. It never mattered how many blogs there have been. But each blog is valid, even if it is only read by a handful people. And so is the Fediverse. People publishing, connecting.
Eric Eggert
Ich habe in dem Sinne darauf geantwortet: Ja, solange Menschen Freude an der (Weiter-)Entwicklung von Free Open Source Software (FOSS) für das Fediverse haben und solange wir dort Menschen finden, mit denen wir gerne kommunizieren, solange ist das Fediverse lebendig. Dabei spielt es keine Rolle, ob hundert, eine Million oder hunderte von Millionen Menschen aktiv sind.
Wenn es mir „nur“ darum geht, bestimmten Personen zu folgen, die Nachrichten von Künstler:innen und „Prominenten“ zu lesen, dann muss ich mir das Medium wählen, wo diese Personen sind. Wenn es mir um Austausch, Diskussion, Ideen und gemeinsames nachdenken geht, dann sind meine Möglichkeiten viel größer.
Ein weiterer Lesetipp: Threads ist die Hoffnung der Stunde – und der falsche Weg (auf netzpolitik.org).
Ich bleibe offen
Threads ist keine Alternative für mich. Denn ich suche nicht mehr nach einer nur etwas besseren Alternative zu Twitter, die halt Spammer und Hassrede moderiert und ein wenig berechenbarer ist als Herr Musk .
Mit dem Fediverse habe ich einen Ansatz gefunden, der weit über das hinaus geht. Ich kann frei meine Instanz(en) wählen. Ich kann über Anwendungen hinweg in Verbindung bleiben. Ich kann – sofern ich das technische Verständnis habe – meinen Account selbst hosten. Meine Daten gehören dann mir, sofern ich sie nicht selbst preisgebe.
Viel mehr dazu habe ich schon in Was für das Fediverse spricht (abseits von Elon Musk) geschrieben.
Zu Threads möchte ich aber vorerst insoweit auch offen bleiben, dass deren Nutzer:innen über ActivityPub auch meinem Microblog folgen können. Warum sollte ich sie aussperren, wenn ich dies auch für den Rest des Webs nicht tue. Das mache ich solange, solange ich nichts problematisches über den Zugang vernehme. Wobei manche schon jetzt unken, dass Zuckerberg Thread nur in Richtung Fediverse öffnet, um Daten abzusagen. Nun, schauen wir einmal. Die Verbindung kann ich noch immer kappen, falls sich da konkrete Vorwürfe bzw. Probleme auftun.
Ich für meinen Teil versuche das Beste, um dem Open Blogging Gedanken treu zu bleiben.
Schöner Beitrag wie immer. Ich werde Threads schon mal ausprobieren wollen sobald es in der EU verfügbar sein sollte.
Danke 🙂 Ich blame auch niemanden, der mal Threads ausprobieren möchte. Ich bin ja auch noch bei Instagram und Facebook angemeldet und bei zweiterem hin und wieder aktiv. Und vielleicht schaue ich dann mal rein, wenn es auch zu uns kommt. Aber das ich es als Haupt-Kommunikatinsplattform – neben meinem Blog – verwende, mag ich mir nicht vorstellen.