Zum Inhalt springen

Long Covid und ME/CFS Geschichten

Wir dachten, die Corona-Pandemie längst hinter uns zu haben. Doch noch immer erkranken Menschen daran. Bei den meisten verläuft die Erkrankung glimpflich. Bei einigen bleiben jedoch nach einer SARS-CoV-2-Infektion (so lautet die korrekte Bezeichnung) weiterhin Symptome bestehen. Hier beginnt Long Covid. Hinzu kommen dann noch Erkrankungen wie ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom).

Lange Zeit wurde diskutiert, ob es Long Covid überhaupt in dieser Form gibt. Barbara Wimmer ist eine derjenigen, die daran erkrankt ist.

Ich kenne sie schon seit Längerem als Journalistin und Buchautorin. Vor rund zwei Jahren erkrankte sie zum zweiten Mal an Corona, seitdem hat sich ihr Leben völlig geändert. Vor kurzem hat sie beschlossen, dass mehr Menschen über diese Krankheit erfahren müssen, und sich daher entschlossen, ihre Geschichte(n) öffentlich zu machen. Auf der Website finden sich auch einige Informationen zu Long Covid und ME/CFS.

Ich habe Barbara ein paar Fragen geschickt, die sie mir schriftlich beantwortet hat.

Ich: Wie würdest du ME/CFS heute in 2–3 Sätzen für dich beschreiben?

Barbara: Permanente Erschöpfung, viele Schmerzen, Reizempfindlichkeit – und beim kleinsten „zu viel“ droht eine Zustandsverschlechterung. Auf zellulärer Ebene wird ME/CFS mit einer gestörten Energieproduktion in den Zellen in Verbindung gebracht. Für mich bedeutet es ein permanentes Haushalten müssen mit meiner Energie – und viel davon geht drauf, um meine Grenzen klar zu kommunizieren.

Gab es den einen Moment, an dem dir klar wurde: „Das ist mehr als eine langsame Genesung“?

Um ehrlich zu sein: Ich glaube noch immer daran, dass manche Subtypen von ME/CFS eines Tages geheilt werden können! Ich gebe auch nicht auf, was meine eigene Genesung betrifft. Es kann noch immer besser werden, auch wenn das nach 2 Jahren faktisch immer unwahrscheinlicher wird.

Siehst du dein Blog eigentlich als journalistische Aufgabe oder eher als Ausdrucksmöglichkeit einer Betroffenen? Oder beides?

Meinen Blog habe ich gestartet, um Menschen einen Einblick zu geben in das Leben mit dieser Krankheit, die sich einfach keiner vorstellen kann und vor der viele Menschen die Augen verschließen. Denn Covid-19 gibt es noch immer und mit jeder Virusinfektion kann es einen selbst treffen. Davor verschließen viele lieber die Augen. Und Menschen, die es „getroffen“ hat, verschwinden aus dem öffentlichen Leben. Ich finde es aber wichtig, dass die Geschichten von Betroffenen erzählt werden.

Was würdest du Medienschaffenden raten, wenn sie über ME-CFS schreiben. Gibt es Begriffe/Aussagen, die sie vermeiden sollten?

Es gibt ein paar Dinge, die viel zu wenige Menschen über die Krankheit wissen und die man bei jedem Beitrag kommunizieren sollte: Es handelt sich um weit mehr, als nur „Müdigkeit“. Die tiefe Erschöpfung findet in den Muskeln und auf Zellebene statt und ist klar körperlicher Ursache. Es handelt sich dabei um keine psychische Erkrankung. ME/CFS ist derzeit außerdem unheilbar. Unheilbar heißt aber nicht, dass man nichts tun kann. Man kann einzelne Symptome bekämpfen und verbessern. Deshalb braucht es medizinische Versorgung. Die Erkrankung sollte dringend im Lehrplan an der Uni verankert werden!

Gibt es etwas, das du fast nie gefragt wirst, dir aber wichtig ist zu sagen?

Viele Geschichten, die man als Betroffene erlebt, glaubt man erst, wenn man sie selbst erlebt hat. Wenn einem Gutachter etwa trotz 20 vorliegender Arztbriefe, Laborwerten, Rehaberichten und diverser Tests erklären, dass deine Erkrankung „nicht objektivierbar“ sei, während die Forschung gleichzeitig eine neue Studie nach der anderen raushaut. Die Krankheit lässt sich mittlerweile auch ziemlich gut belegen – etwa mit einem Schellong Test sowie einem Handkraftmessungstest. Von Gutachter*innen werden diese jedoch ignoriert. Das ist so, wie wenn man zum Arzt geht wegen eines gebrochenen Beins und der schaut einem stattdessen in den Hals. Dieses System muss sich dringend ändern!


Danke dir Barbara für das Interview.

Heute hat Barbara einen neuen Artikel veröffentlicht: Post Covid ME/CFS: Mein schlimmster Crash nach einer Zahn-OP

Wer erfahren möchte, wie es ist, mit dieser Krankheit zu leben, sollte diesen Artikel lesen. Er gibt einen Einblick in die Schwierigkeiten, die ein Leben mit dieser Krankheit mit sich bringt.

Es geht jedoch nicht darum, Mitleid zu erregen. Barbara hat es selbst gut beschrieben.

Ich möchte mit diesem Blog Menschen, die von Long Covid und/oder ME/CFS betroffen sind eine Stimme geben und ihre Geschichten erzählen. Das kann ich glücklicherweise von zu Hause aus, sonst wäre es mir nicht möglich. Ich möchte außerdem Einblicke geben, in ein Leben mit der Krankheit, vor der alle wegsehen. Ich wünsche mir, dass Betroffene auch fünf Jahre nach Beginn der Covid-19-Pandemie nicht einfach vergessen werden.

Deshalb veröffentliche ich auch diesen Artikel.

Likes

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

To respond on your own website, enter the URL of your response which should contain a link to this post's permalink URL. Your response will then appear (possibly after moderation) on this page. Want to update or remove your response? Update or delete your post and re-enter your post's URL again. (Find out more about Webmentions.)