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Kathrin Gärtner redet über Sexualität

Kathrin Gärtner Profil in die Kamera schauend, dahinter ein Kachelofen
Kathrin Gärtner im Livestream

Vor über zwei Jahren habe ich Kathrin Gärtner über ihr Blog Sex seriös interviewt.

Anfang November 2020 kündigte Kathrin an, über Sex zu reden:

Ich rede über Sex und zwar live und online und mit spannenden Gästen. Nachdem Lockdown und Ausgangssperre uns vor allem abends nach Hause zwingen, habe ich mir für den November zwölf spannende Personen eingeladen, um mit ihnen über Sex(ualität) nachzudenken und zu sprechen. 

Blog Sex Seriös: Ich rede über Sex

Ich habe einige der abendlichen Gespräche live oder danach über Kathrins Youtube Kanal mitverfolgt. Ein paar Wochen danach habe ich Kathrin ein paar Fragen geschickt, wie sie ihre kleine Talk-Reihe erlebt hat. Nachfolgend ihre Antworten.

Was hat dich zur Gesprächsreihe inspiriert?

Kathrin: Wenn ich mich recht erinnere meine (Facebook-)Freude David Hoffmann und Thomas Schmidinger, die während des ersten Lockdowns ähnliche Formate entwickelt haben. David hat aus Lieblingsbüchern vorgelesen, immer um 22 Uhr, das war wirklich schön zum Einschlafen (sorry David, wenn du mich lieber wach dabei gehabt haben wolltest) und Thomas hat Kindergeschichten erzählt. David hat auf Facebook gestreamt, Thomas auf Youtube. Als ich von der nächtlichen Ausgangssperre im November gehört habe, habe ich mir überlegt, was ich anbieten könnte, um uns und auch mir die schwierige Zeit erträglicher und unterhaltsamer zu gestalten. In den Wochen zuvor hatte ich mit einem Kollegen aus Deutschland, Dominikus Herzberg, Podcasts für Studierende zum Thema „Wissenschaftliches Arbeiten“ aufgenommen. Das waren spannende Gespräche, die uns selbst wahrscheinlich am allermeisten Spaß gemacht haben. Deswegen wollte ich was im Podcast-Format machen. Ich habe dann im Internet (auf Twitter und Facebook) gefragt, welche Themen die Leute interessieren würden; dass wir dann beim Thema Sex landen würden, war irgendwie „aufgelegt“.

Für wen hast du die Gesprächsreihe gestaltet?

Wenn ich ehrlich bin: für mich. Und natürlich für meine Gesprächspartnerinnen. Aber natürlich auch für Kolleginnen und interessierte Laien. Einfach für Leute, die gerne über Dinge nachdenken, sich neue Erkenntnisse, Gedanken und Einsichten erhoffen und Spaß daran haben, Leuten zuzuhören, die gemeinsam nachdenken. Wenn jemand während der Gespräche gut schlafen kann oder einfach gerne andere oder vertraute Stimmen hört, ist das auch fein.

War es schwierig GesprächspartnerInnen zu finden?

Nicht sehr. Klar manche, die ich gefragt hatte, waren zu beschäftigt, zu erschöpft oder wollten nicht gerne im Mittelpunkt stehen. Das verstehe ich und da habe ich nicht weiter gedrängt. Andere haben einen kleinen (oder auch großen) Schubs gebraucht, es gab aber auch einige, die sofort zugesagt haben, obwohl sie mich teilweise nichtmal kannten, gerade mit Medienanfragen überhäuft wurden, in einem Hotelzimmer auf ihre Einreisegenehmigung in die USA warten mussten, in einer aufwändigen und anstrengenden Ausbildung stecken oder sich überlegen mussten, was ihre Kolleg*innen und Vorgesetzten dazu sagen, dass und wie sie sich zu diesem Thema äußern. Dafür bin ich extrem dankbar.

Gab es für dich neue Erkenntnisse aus den Gesprächen?

Jede Menge! Mich hat zum Beispiel überrascht, wie häufig das Heilige oder Göttliche (manche haben es Spiritualität genannt) mit Sex in Verbindung gebracht wurde. Mir fallen hierzu gleich drei oder vier Gespräche ein. Hier sind wir durch die christliche Tradition so geprägt, dass wir das eher als Gegenpole wahrnehmen. Das kann man aber offenbar auch ganz anders denken, Sexualität kann eine Möglichkeit sein, ganz verschiedene und ganz unterschiedliche Erfahrungen zu machen. Vielleicht wäre das mal eine eigene Gesprächsreihe wert.

Eine zweite Frage, die sich durch eine ganze Reihe von Gesprächen gezogen hat, war die nach der Tabuisierung. Offenbar sind nicht alle Bereiche von Sexualität gleich tabuisiert. Masturbation scheint hier eine besondere Rolle einzunehmen, wie wir in den Gesprächen über Cybersex, Sexspielzeuge und Sexroboter gesehen haben. Das war mir schon vor den Gesprächen irgendwie klar, es ist da aber nochmals ganz deutlich herausgekommen.

Wie ging es dir mit der Technik?

Die Technik ist ein Hund (nichts gegen Hunde …). Ich habe ewig und viel Hilfe gebraucht, bis ich raushatte, wie ich Zoom-Konferenzen auf YouTube streamen kann. Und ich hatte vor allem am Anfang noch ziemlich Angst vor Internet Problemen und Unterbrechungen. Das hat sich dann aber gelegt und ich bin routinierter und entspannter geworden.

Wie hast du dich auf die Gespräche vorbereitet?

Mir einen Tee gemacht oder ein Glas Wein eingeschenkt, einen Lebkuchen zurechtgelegt und für das erste Gespräch über Sex und Gott auch eine Bibel (die ich dann nicht gebraucht habe). Ich habe manchmal noch ein paar Essentials zu meinen Gesprächspartnern recherchiert (die ich dann in der Aufregung wieder vergessen habe) und hab mir was angezogen, worin ich mich wohlgefühlt habe. Ich habe, wenn ich nicht alleine war, die Tür zugemacht und meinem Kind gesagt, was als Notfall zählt, bei dem es mich stören darf. Und ich habe mir gesagt, dass ich das mache, um gemeinsam mit den Gesprächspartner*innen eine gute Zeit zu haben, nicht um eine möglichst gute „Show“ zu liefern. Das hat meistens funktioniert.

Gäbe es beim Thema Sexualität etwas, über dass du keinen Talk machen würdest?

Ich würde in einem solchen Rahmen nicht über persönliche sexuelle Erfahrungen reden wollen. Weder über meine noch über die meiner Gäste. Dafür gibt es andere, geeignetere Medien und Formate. Ansonsten fällt mir nichts ein, über das ich nicht (auf einer theoretischen Ebene) sprechen wollen würde.

Du sahst im Livestream immer so begeistert aus. Willst du die Reihe weiterführen?

Die Reihe selbst nicht (ich finde 12 Gespräche ist eine runde Zahl), aber ich würde gerne weiterhin Gespräche mit interessanten Leuten zu spannenden Themen führen, inzwischen habe ich schon zwei Gespräche zu Wissenschaftswissenchaften geführt, vielleicht führe ich das weiter, vielleicht schaffe ich es aber doch auch noch, eine Gesprächsreihe zum Thema Scham zu organisieren, ein Thema was mich besonders interessiert, weil es jede Menge Rätsel aufgibt.

Wird es die Aufzeichnungen auf deinem YouTube Kanal noch länger geben?

Ich habe mit meinen Gästen ausgemacht, dass ich die Aufzeichnungen nach einer gewissen Zeit (ungefähr jetzt) privat stelle, bin aber gerade dabei zu klären, ob ich ein paar der Gespräche auch noch etwas länger lassen kann. Grundsätzlich waren sie nicht für die Ewigkeit gedacht, die dürfen dann ruhig wieder gelöscht werden. Es kommen ja neue dazu.

Du hast am Schluss des jeweiligen Gesprächs dein Gegenüber immer gefragt, was für ihn/sie Sex ist. Weisst du es jetzt? 😉

Ob ich weiß, was Sex ist oder ob ich weiß, was für andere Leute Sex ist? Ich stelle die Frage deswegen so gerne, weil so viel mit dran hängt. Zum Beispiel, wie die Frage nach der Zufriedenheit mit dem Sexualleben beantwortet wird. Oder – für viele ganz wichtig – die Frage nach sexueller Treue.

Wie ich Sex definieren würde. Vielleicht, um es ganz nerdig auszudrücken: Sex umfasst alle Handlungen, die grundsätzlich geeignet sind oder dazu unternommen werden, bei sich und anderen Erregung und/oder einen sexuellen Höhepunkt auszulösen. Beantwortet das deine Frage?

Danke, ja! Und danke für die Beantwortung der Fragen.


Profifoto Kathrin Gärtner
Kathrin Gärtner

Kathrin Gärtner ist studierte Psychologin, hat lange Jahre als amtliche Statistikerin gearbeitet und unterrichtet nun Studierende jeden Alters in sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden und Sexualwissenschaft. 

Auf ihrem Blog Sex seriös verbindet sie ihre Leidenschaft für methodisch gutes Forschen mit ihrem Interesse an menschlicher Sexualität in all ihren Ausformungen.

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