Im Rahmen von #BlogDasRobert hat mich Andre gefragt:
Ist dein Land auf den European Accessibility Act vorbereitet?
(Tritt Ende Juni in Kraft – https://www.derstandard.at/story/3000000251435/ab-2025-muessen-websites-in-oesterreich-barrierefrei-sein-was-zu-beachten-ist )
Wir haben schon August, weil ich immer wieder überlegte, wie ich die Frage angehen soll. Einerseits fehlt mir der genaue Überblick über die Anfordernisse des EAA, andererseits habe ich keinen umfassenden Blick auf den Zustand des Webs in Österreich.
Was ist der European Accessibility Act (EAA)
Also beginnen wir mal beim EAA. Das ist eigentlich die
Der wichtige Teil trat erst am 28. Juni 2025 in Kraft. Nun, die Wirtschaft braucht Vorlaufzeiten – die Frage ist, ob sie diese genutzt hat.
Die Richtlinie verpflichtet dazu, dass bestimmte Produkte und Dienstleistungen barrierefrei sein müssen, also für alle Menschen, auch für Menschen mit Behinderungen oder ältere Personen, zugänglich sind.
Das gilt unter anderem für
- Computer, Smartphones, Tablets
- Geldautomaten, Ticket- und Check-in-Automaten
- Bankdienstleistungen
- E-Books und E-Reader
- Webseiten und Online-Shops
- Apps und Telekommunikationsdienste
- Notrufsysteme
Barrierefreiheit bedeutet dabei unter anderem, dass
- Texte verständlich und gut lesbar sind,
- Webseiten und Apps mit Hilfstechnologien (z. B. Screenreader) funktionieren
- Alternative Bedienmöglichkeiten für Menschen mit Einschränkungen bestehen und
- eine klare, einfache Navigation und Nutzerführung bereitsteht
Eine kurze Zusammenfassung bietet auch die Plattform BIZEPS.
Die Situation in Österreich
Der EAA ist eine Richtlinie der EU. Damit muss dieser noch in nationales Recht übernommen werden. Das geschah in Österreich mit dem Bundesgesetz über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (Barrierefreiheitsgesetz – BaFG). Die aktuelle Fassung kann man über das Rechtsinformationssystem abrufen.
Ausgenommen sind (wie auch im EAA vorgesehen) „Kleinstunternehmen“. Das sind Unternehmen, das weniger als zehn Personen beschäftigt und das entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro erzielt oder dessen Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft.
Das Gesetz ist nicht ganz zahnlos. Die Einhaltung wird durch das Sozialministeriumservice überwacht. Dieses kann Einsicht nehmen und Firmen zu Berichtslegungen verpflichten. Es kann Firmen zu Änderungen verpflichten, das Verbot des In-Verkehr-Bringens aussprechen und bei Nichteinhaltung auch Verwaltungsstrafen aussprechen.
Bürger:innen und einige Interessenvertretungen haben das Recht, sich an das Sozialministeriumservice zu wenden, um auf einen Verstoß gegen das Gesetz hinzuweisen.
Dabei stellt sich jedoch die Frage, wie viele Ressourcen für all diese Maßnahmen bereitstehen.
Sind die österreichischen Unternehmen vorbereitet?
Kurz gesagt. Keine Ahnung.
Einige werden sich wohl auf § 18 des BaFG berufen. Absatz 1 besagt:
Die Barrierefreiheitsanforderungen gemäß § 4 gelten nur insoweit, als deren Einhaltung zu keiner unverhältnismäßigen Belastung der betreffenden Wirtschaftsakteure führt.
Die Firma muss dazu aber diese Belastung dokumentieren und entsprechendes nachweisen.
Ich habe damals bei Einführung des Bundes-Behindertengleichstellungsgsetzes einiges mitverfolgt. Da gab es jahrelang noch Unkenntnis wen es im Detail betrifft. Auch die Kenntnisse über barrierefreie Gestaltung waren oft nicht vorhanden. Es gab auch zu wenig gute Expert:innen und viele, die mit Halbwissen unterwegs waren.
Ob das für die Umsetzung des EAA auch zutrifft? Man wird sehen.
Wenn ich jedoch bei BIZEPS lese, dass in Deutschland über 95 Prozent der 2.400 Online-Shops, die im Juni 2025 untersucht wurden, nicht barrierefrei gestaltet waren, dann fürchte ich, dass Österreich nicht besser da steht. (Anmerkung: die Untersuchung ist nicht perfekt, siehe auch die Hinweise im Artikel von BIZEPS).
Fazit
Auch wenn ich die Frage nicht seriös beantworten kann, möchte ich mich für diese bedanken. Denn aufgrund dessen habe ich mich wieder mit Barrierefreiheit beschäftigt. Und das ist immer gut.
Insbesondere, da 30. November wieder der Blue Beanie Day (siehe Ein Web für alle – Blue Beanie Day) ansteht.