Es gibt Länder, in denen InternetbenutzerInnen nicht das ganze Internet/Web zur Verfügung steht. Große Firewalls stehen an den Grenzen und lassen nur das herein, was die Machthaber als nicht schädlich beurteilen. Diese Mauern zu durchbrechen schickt sich nur ein kleiner Specht (im lateinischen picidae genannt) an. Das picidae Projekt ist von den Schweizer Künstlern Mathias Jud und Christoph Wachter ersonnen worden.
Picidae baut darauf, dass die verbotenen Websites anhand ihrer URLs bzw. anhand von bestimmten Worten im Text der gesuchten Website identifiziert werden. Picidae ist nun ein Server auf dem ich meine gesuchte URL eintippen kann. Schon beim abschicken wird diese verschlüsselt, sodass die Firewall diese nicht blockt. Der picidae Server liefert nur die gesuchte Website zurück, aber als ein einziges Bild. Das Bild hat einen kryptischen Namen und Bilder als solches werden wohl nicht nicht nach Textinhalten durchsucht. So kann man auch durch die Firewall entsprechende Seiten aufrufen, wie Jud und Wachter im Selbstversuch bewiesen.
Picidae geht aber noch weiter. Das Bild selbst enthält eine Imagemap, sodass jeder auf der Website angegebene Link auch im Bild angeklickt werden kann und wiederum ein Bild/Website von picidae ausliefert. Damit ist das ganze Web auch trotz etwaiger Firewalls aufrufbar.
Picidae ruft dazu auf doch selbst einen Pici-Server zu betreiben, sodass bei einer etwaigen Sperre einer URL eines Pici-Servers weitere zur Verfügung stehen.
Ich habe es selbst ausprobiert. Es funktioniert einfachst. URL im Formularfeld eingeben und schon erhält man ein entsprechendes “Bild der Website” – siehe das verkleinerte Abbild meiner eigenen Website. Nebstbei – wohl nicht dazu gedacht – kann man damit einfach hochauflösende Screenshots einer ganzen Website machen (unabhängig wie lange man scrollen müsste) und als PNG-Datei speichern.
Picidae ist ein interessanter Versuch die Freiheit des Netzzugangs zu bewahren bzw. wieder zu erreichen. Ich bin jetzt zu wenig Techniker um zu erahnen, ob man damit auch Negatives erreichen könnte. Ansonsten ist es ein spannendes Projekt, dass ich weiterverfolgen werden.
Auf picidae wurde ich durch die gestrige Sendung “neues” auf 3Sat aufmerksam.
Nachsatz. Wie lange dieses Projekt noch seinen Sinn erfüllen kann ist für mich fraglich, wenn ich mir die Erörterungen von Dr. Purgathofer bei der A-TAG07 nochmals vor Augen führe. Die Entwicklung bei den Captchas zeigt, dass die Bilderkennung immer besser wird. So ist anzunehmen, dass ein “Screening” von Bildern nach verbotenen Texten auch im großen Rahmen in naher Zukunft kein Problem mehr darstellt.
Ergänzun von 19.36 Uhr. rtauchnitz.de hat ebenfalls einen Beitrag verfasst und im Test noch weitere Erkenntnisse erlangt.
Na… aber ob man da wirklich jeder Bild scannen will, ob dann zu ermitteln, ob es eventuell „schädlichen“ Inhalt enthält? Das dürfte ein enormer Aufwand sein, der kaum zu bewältigen ist.
Ich bin mal gespannt, wie sich das Projekt auch im Hinblick auf die Performance entwickeln wird. Ich denke mal, dass es noch so schnell geht, weil das Projekt noch relativ unbekannt ist. Bleibt abzuwarten.
Das spannende an Picidae war, dass ich es in Shanghai nutzen konnte, um den einen oder anderen gesperrten Blog zu lesen 😉 z.B. ist franz gesperrt (franztoo.de). Also ein geniales tool. hoffentlich setzen das möglich viele leute auf ihren eigenen server und bieten es unter anderem namen an. sonst sperrt jemand chinesisches einfach picidae als domaininhalt.
Ich finde das richtig gut und habe gleich meinen Beitrag dazu gleitet. Wenn alle mitmachen, dann kann aus dem Projekt etwas werden. Ich unterstütze die freie Meinungsbildung mit http://www.Picidae.info