Werner Illsinger habe ich im Laufe der Diskussion über die Zukunft von Webtermine kennen gelernt. Werner ist Präsident des ClubComputer, der am 5. Oktober 2013 ein Barcamp (in Wien), das CC-Camp, veranstaltet.
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Bevor ich selbst noch viel mehr erzähle habe ich Werner einfach mal interviewt.
Der Club Computer veranstaltet zum ersten mal ein Barcamp. Die erste Frage: Was ist der ClubComputer überhaupt?
Werner Illsinger: ClubComputer ist ein Computerclub. Uns gibt es seit 1986 – wir wurden gegründet, als Personal Computer für die breite Masse leistbar wurde. Unsere erste Clubleistung war es günstige PC Nachbauten aus Taiwan im Zuge einer Sammelbestellung selbst zu importieren. Das ist heute kaum mehr vorstellbar, aber damals hat ein IBM PC noch so viel gekostet wie ein Mittelklassewagen. Daher wurde unser Club gegründet. Die grundsätzliche Zielsetzung ist bis heute dieselbe geblieben. Wir wollen unsere Mitglieder in die „digitale Zukunft“ begleiten. Heute ist das Problem nicht mehr leistbare Hardware zu bekommen, sondern vielmehr Gesellschaftliche Themen wie der Schutz der Privatsphäre – aber nach wie vor auch technisch auf dem Laufenden zu bleiben.
Was ist deine Funktion beim ClubComputer?
Werner Illsinger: Da wir als Verein organisiert sind, braucht es einen gewählten Vorstand. Meine Funktion heißt Statutengemäß „Präsident“ – aber in Wirklichkeit ist es „Mädchen für alles“ – Ich darf mich gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen darum kümmern, dass der Club funktioniert. Das heißt unsere Clubangebote ständig an die Gegebenheiten anpassen, mich darum kümmern dass unsere Internet Dienste laufen – Partner finden, die unseren Mitgliedern Vergünstigungen über unsere Clubkarte einräumen, Veranstaltungen wie unsere monatlichen Clubabende oder Stammtische organisieren, etc. Wir suchen laufend Leute die gerne im Club mitarbeiten wollen. Die „Belohnung“ für die aktive Mitarbeit ist im Verein ist dass man dann bei Entscheidungen auch eingebunden wird.
Wie kamt ihr auf die Idee das Format Barcamp zu probieren?
Werner Illsinger: Wir sind ein gemeinnütziger Verein. Wir sind daher nicht auf Gewinn ausgerichtet und arbeiten alle unbezahlt für den Club. Daher gefiel uns die Idee einer „nicht Konferenz“ – wir wollen keine bezahlten Vortragenden und zahlende Teilnehmer – und dann für die Organisation Geld einnehmen. Daher war die Idee die Form eines barcamps zu wählen naheliegend. Wir wollen unsere Themen am barcamp behandeln – und sehen was wir gemeinsam erreichen können.
Auf der Seite des CC-Camp finden sich schon einige Anmeldungen. Die Themenvorschläge wirken alle sehr professionell. Bei fast jedem Barcamp an dem ich teilnahm diskutierten wir, wie man Barcamps niederschwellig gestalten könnte. Wie siehst du das?
Werner Illsinger: Ich glaube dass die Seite vielleicht professioneller wirkt, als es tatsächlich ist. Wir haben einfach eine Reihe an Leuten – die wir kannten – angesprochen und eingeladen am barcamp dabei zu sein, und Vorträge zu unseren Hauptanliegen einzubringen. Wir würden gerne gemeinsam einige Dinge verändern – daher haben wir absichtlich auch Politiker angesprochen – aber es braucht um die Anliegen der Netzgemeinde ausgewogen zu diskutieren vor allem auch inputs der betroffenen. Daher freut es uns auch dass wir Spezialisten zu den unterschiedlichen Themen unter den Teilnehmern haben. Wir haben schon ein sehr breites Angebot an Themen – wir halten uns aber nach wie vor daran, dass wir die Agenda erst beim Frühstück gemeinsam erarbeiten werden. Vermutlich wirkt die Seite deswegen professionell, weil wir von allen Teilnehmern auch Fotos eingefordert haben J.
Welche Themen/Personenkreise würdest du dir noch für das Barcamp wünschen?
Werner Illsinger: Die Themen sind denke ich schon sehr vollständig vertreten. Wir haben das Thema Urheberrecht, Netzneutralität, den Schutz der Privatsphäre und damit zusammenhängend die staatliche Überwachung, aber auch technische Vorträge über aktuelle Entwicklungen wie Cloud Computing oder Social Media. Ich würde mir noch wünschen, dass wir von allen Stakeholdern Teilnehmer dabei haben – um die Themen umfassend diskutieren zu können. Beispielsweise haben wir beim Thema Urheberrecht – Vertreter von fast allen politischen Parteien dabei. Einen Vertreter von einem Musikverlag, Konsumenten, was uns noch fehlt, wären Kunstschaffende – die versuchen von ihren Werken zu leben, oder auch jemand von einer Verwertungsgesellschaft … Urheberrecht ist z.B. ein sehr spannendes Thema – denn es geht darum wie die Urheber für Ihre Arbeit eine faire Entlohnung bekommen können – ohne dass wir Konsumenten 7×24 Stunden überwacht werden. Im Bereich des Schutzes der Privatsphäre haben wir sicherlich sehr viele Vertreter am barcamp die meinen, dass all das was derzeit im Netz passiert aus dem Ruder läuft. Es wäre auch hier gut – Teilnehmer dabei zu haben, die es von der anderen Seite sehen. Jemanden der Vorratsdatenspeicherung als wichtig und notwendig erachtet. Diskussionen – und Ergebnisse können sich denke ich nur ergeben – wenn wir Spannungen erzeugen – nicht wenn alle Teilnehmer der gleichen Meinung sind.
Möchtest du noch für eine andere Veranstaltung des ClubComputer werben?
Werner Illsinger: Das barcamp ist unser erster Versuch eine derartige Veranstaltung zu organisieren. Wir veranstalten aber auch monatlich 2 Clubabende zu unterschiedlichen Themen. Meistens sind diese eher technischer Natur und beleuchten Neuerungen in der digitalen Welt. Im September z.B. wird es einen Vortrag zum Thema HDR Fotografie geben – also wie man Fotos erzeugt die einen hohen Dynamikumfang haben. Diese Fotos entstehen am Computer aus mehreren Aufnahmen die vom gleichen Objekt mit unterschiedlichen Belichtungszeiten gemacht werden. Zusätzlich gibt es einmal im Monat einen Stammtisch zum Thema Netzpolitik. Am Stammtisch diskutieren wir immer ein aktuelles Thema. Es gibt aber keinen Vortrag. Der nächste Stammtisch beschäftigt sich z.B. mit dem Thema TEMPORA und wie die Briten das Internet überwachen. Die Veranstaltungen werden immer auf „clubcomputer.at“:http://clubcomputer.at angekündigt. Wir freuen uns über jeden Teilnehmer (natürlich auch Nichtmitglieder). Wenn jemand unseren Club unterstützen möchte, freuen wir uns natürlich auch über neue Mitglieder. Die Mitgliedschaft im Club kostet im Monat nicht mehr als eine Tasse Kaffee. Falls das jemandem zu viel erscheint, kann er sich die Mitgliedschaft auch erarbeiten – für einen Vortrag gibt es ein Jahr Mitgliedschaft gratis.
Zum Schluss nochmals der Link zum „CC-Camp“.
Mein Terminkalender weiß es noch nicht ganz genau. Sofern es sich ausgeht, möchte ich gerne teilnehmen. Dann gibt es natürlich auch eine „LeserInnenaktion„.
Mmmhh, im ersten Moment dachte ich mir sehr interessant – beim Blick auf die Redner bzw. Vortragenden glimmt das Licht jedoch nur kurz auf. Zu stark politisch-wirtschaftlich. Und wenn solche Vortragende *Vorurteil* Vorträge über z.B. „Was bringt Social Media“ und dergleichen halten, dann assoziere ich das irgendwie automatisch mit einem Marketing-Vortrag oder Seminaren, in denen man lernt „Wie man User-Massen scheffeln kann, um den Gewinn zu erhöhen und die Marke zu stärken“.
Ob da wohl viele junge Blogger-Neulinge und low-level-Datenschutz-interessierte-User mal eben hinkommen – bei Obmännern, Geschäftsführern, Vizepräsidenten, Abgeordnete, Global Business Manager, usw… am Podium? Klingt alles zu sehr nach B2B.
Deshalb ja die eine Frage.
Als alter Barcamper könnte ich natürlich erwidern, dass alles im Fluss ist. Denn es gibt ja kein Podium, keine vorgefertigte Redner/-innenliste. Es entscheidet die Gruppe bzw. jede/r Einzelne zu welcher Session er/sie geht. Und Themen werden gemeinsam zum Anfang festgelegt.
Lass mich ein Beispiel nennen. Barcamp Klagenfurt. Da sass ein Herr, erzählte von seinem kleinen Literaturblog und präsentierte mittels Wordseiten, da er kein Powerpoint beherrschte. Die ganzen Technoblogger und Programmierer saßen gespannt in der Session und diskutierten dann fleissig über Leserreaktionen, Literatur und Co.
Aber das geht natürlich nur, wenn man die Menschen mal hinbekommt. Und die Hemmschwelle kann nicht niedrig genug sein und trotzdem hält man Menschen ab.
Aber wenn dieses Barcamp nichts für dich ist – es gibt noch andere 🙂 Wie wärs mit dem Parcamp in Linz?
Ja, ich war auch bei etlichen, wo es überraschend gut geklappt hat – kann mich an eines in Wien erinnern (mmhh, war’s eines von denen bei Microsoft?), wo in einem abgetrennten, kleinen Raum mit ca. 8-10 Leuten dann so nebenbei eine wirklich sehr spannende Diskussion stattfand, die wirklich gut, umfangreich und für alle interessant war – da durfte jeder reden und es redete auch jeder tatsächlich mit (ungewöhnlich, aber der Flow stimmte da einfach). Da diskutierte z.B. ein älterer Geschäftsführer eines großen Konzerns mit einem kleinen jungen No-Name-Blogger, aber auf gleicher Augenhöhe – und beide (und die anderen) hatten auch was davon und nahmen sich gegenseitig ernst und vollwertig. Das war richtig „fein“ so etwas zu sehen. Die Möglichkeiten sind also natürlich da… aber eben der Einstieg, also das überhaupt hinkommen auch für „Kleine“ oder „Neulinge“ zu der Veranstaltung ist der große Schlüssel für spannende Camps.
Sonst bleiben sie zwar fachspezifisch und somit passend für die Redner-Gruppe und eine bestimmte Besucher-Schicht natürlich (kann ja gewollt sein), aber es bleibt dann wiedermal in der „eigenen Nudelsuppe“, was ich immer recht „riskant“ finde – und speziell BarCamps und der heutige Online-Sektor bieten theoretisch die großartige Möglichkeit von allen Seiten was zu lernen. Sei es der GF mit 15 Jahren analytischer Marketing-Erfahrung im Online-Sektor, der Rechtsanwalt mit Hunderten Urheberrechtsfällen im Portfolio oder der ganz junge Blogger, der seit einem Jahr täglich tausende User auf seinen Blog bringt mit etwas zusammenkopierten Catporn und lockeren Geschichten aus dem Alltag – und seine User grenzübergreifend mit Google Analytics stalkt.
Ich werde versuchen, vorbeizukommen und mal hoffen, dass es auch die klassischen, lockeren Smalltalk-Schmäh-Sesselkreis/Sofa-Talks & Diskussionen für alle gibt. =)
Schade, das nächste mal bin ich dann auch mit von der Partie. 🙂
Wir Ösis hinken da ja sowieso etwas hinterher. 😉
Wieso hinken wir denn hinterher? Im Vergleich gibt´s ja durchaus einige Camps in Österreich – siehe „www.barcamp.at“:http://www.barcamp.at.