Grischa,
vorerst einmal danke, dass du hier quasi coblogging betreibst 🙂 Ich glaube, es ist der längste Kommentar, der jemals in meinem Blog hinterlassen wurde.

Ich werde jetzt wohl nicht auf jedes einzelne Detail von dir eingehen können, aber ein paar Antworten bzw. Gedanken.

*Diaspora:* Wie ein wenig ausgeführt war das dezentrale für die meisten User kein Argument. Und Twitterähnlich ist dann wohl zu ähnlich, als das Menschen den Sinn des Wechsels gesehen haben. Bei app.net denke ich, dass nicht alpha.app.net das „Killerfeature“ (das es vielleicht in dieser Form nie geben wird) wird, sondern die weiteren Ideen, die sich rund um das Service entwickeln könn(t)en.

*Developer:* Etliche der Apps sind derzeit gratis, opensource, etc. Vielleicht ist es so wie bei S9y und Co. Hier sehen Entwickler eine Möglichkeit etwas auszuprobieren, ev. Ehre und Ruhm zu ergattern und vielleicht sogar etwas neues zu lernen. Und das ist dann manchen sogar 100 Dollar wert. Andere werden vielleicht genau diese (oder ähnlliche) Wette eingehen.
Eigentlich müsste man all die Entwickler fragen, die derzeit dabei sind, welche Motiviation sie trägt und als was sie App.net sehen. Und vielleicht müsste man (ich kann das nicht) in die API blicken um zu verstehen, was der Dienst alles sein könnte.

*Microblogging:* Wenn ich es richtig verstehe könnte aus App.net auch so etwas heraus erwachsen. Und genau das wäre dann die Möglichkeit gleichzeitig mit großen und kleinen Nutzerzahlen zu hantieren. Die kleinere Gruppe leistet sich einen app.net Account um 50 Dollar, betreibt ihr „App.sterous“ 😉 und die große LeserInnengruppe nutzt es um zu lesen, zu konsumieren und muss dafür nichts löhnen.

Wie geschrieben, VIELLEICHT. Ich kann nicht in die Zukunft blicken. Und vielleicht sind meine 50 Dollar in den Wind geschrieben.

*Instagram:* Ok, nur ein halb gutes Beispiel. Es funktioniert dafür, dass eine Idee, die die meisten (hätte man Ihnen davon erzählt) als uninteressant abgetan hätten. Fotodienste hat es schon gegeben, Twitter konnte auch schon Fotos darstellen, etc. Aber es funktionierte. Wohl auch, weil es gratis war. Bei Instagram hätte es aber zumindest Versuche geben können Einnahmen zu generieren. Zusätzliche Filter verkaufen, ein kostenpflichtiges Webalbum um sich auch dort zu präsentieren (Webstagram lässt grüßen). Ob das gut geklappt hätte, kann man nachträglich kaum sagen.

Aber eigentlich ist Instagram ein gutes Beispiel. Denn es dient mir nur mal dafür aufzuzeigen, dass man anfangs einer Idee keine Chance gegeben hätte, die sich dann zig millionfach umsetzen liess.
Das Businessmodell fehlte, aber das hätte App.net ja schon von sich aus. Wobei sie damit natürlich nicht gleich Millionen an aktiven Usern finden können.

Aber wie oben erwähnt – vielleicht brauchen sie das auch nicht.

*Visitenkarte:“ Sorry, etwas falsch ausgedrückt. Mein Blog ist meine Visitenkarte und das würde ich für das beste App.net nicht aufgeben. Aber App.net als Platz meiner Visitenkarte für die rund um App.net sich bildende Ökosphäre. Sprich egal welchen Dienst um App.net herum ich nutze – ich bin immer der @roblen mit diesen und diesen Infos. Dabei gehe ich eben davon aus, dass sich rund um App.net so etwas wie ein alpha.app.net Twitter-Klon, ein instagrammiges Fotoalbum, ein Posterous ähnliches Bloggingsystem und Dinge an die wir noch nicht denken bilden. Und wenn ich auf alpha.app.net der roblen bin, dann bin ich das auch auf App.sterous etc.

Es geht eher darum die gleiche Identität in vielen Diensten nutzen zu können. Vielleicht eher ein praktischer Nebeneffekt als ein zu bewerbendes Feature.

*Fazit:* Du hast mit allen recht. Aber ich sehe auch die Diskussionen auf alpha.app.net (und dort ist durchaus schon von „social“ zu reden 😉 sehe dort erste Visionen und Ideen und eine rege Diskussion. Und es gibt Modelle und schon erste echte Apps und Anwendungen.

Natürlich kann das alles im Nichts und der Ernüchterung enden.

Daher gibt es kein ultimatives Argument für App.net. Man kann Nischen oder Möglichkeiten für sich sehen (oder auch nicht) und dann mitmachen.

Für mich sind 50 Dollar auch Geld, aber ich leiste es mir einfach es in einen Ansatz einer Idee zu stecken, die vielleicht scheitert oder noch einen spannenden Weg vor sich hat. Klingt ein wenig pathetisch, ich weiß.
Und es klingt ein wenig euphorisch. Aber gerade heute habe ich über eine Uni diskutiert, die es sich leisten kann 100 Techno-Projekte zu finanzieren, von denen 90 nichts werden, 9 halbwegs gut funktionieren und 1 brilliant wird.
In anderen Bewertungsprozessen fliegen eben schon 95 Projekte raus, 5 werden finanziert und meistens ist die brilliante Idee unter den 95, die nichts bekamen.
Vielleicht ist das mein Ansatz bei App.net.

Aber ich werde in meinem Blog weiter berichten und schauen wir mal, wie wir beide das Projekt in einem Monat, in einem halben Jahr beurteilen. Vielleicht hast du dann auch eine Idee gefunden, die App.net für dich rechtfertigt oder ich bin überzeugt, dass ich eine kleine Fehlinvestition geleistet habe. Ersteres wäre mir natürlich lieber 🙂