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Der lange Weg eines Bloggers zur Barrierefreiheit

Für das „logbuch accessibility“ habe ich unter dem Titel „Der lange Web eines Bloggers zur Barrierfreiheit“ einen eigenen Artikel über meine (und der einiger Mithelfer) Bemühungen um mehr Barrierefreiheit auf meinem Blog verfasst.

Damit dieser Artikeln nicht nur in Printform oder im Rahmen der PDF-Ausgabe des Logbuchs zu lesen ist, findet ihr nachstehend den Buchtext. Daher bitte nicht darüber wundern, dass ich auf das Blog verweise, von Buch LeserInnen schreibe und auf einmal mit euch per „Sie“ bin..

Außerdem gibt es hiermit auch die Möglichkeit meine Beitrag zu kommentieren und zu ergänzen

Noch ein Hinweis vorab. Das „logbuch accessibility“ ist kostenlos, steht unter einer creative commons Linzenz und kann auch als barrierearme PDF-Version bezogen werden.Seit rund drei Jahren betreibe ich mittels der Blogsoftware [[Serendipity]] ein rein privates, nichtkommerzielles Weblog namens „Nur ein Blog“. Mit vorigem Jahr begann ich nun mit dem Versuch, mein Weblog barrierefrei zu gestalten. Nachfolgend zeige ich einige (mit Betonung auf „einige“) der Schritte und Probleme auf dem Weg, den ich längst noch nicht abgeschlossen habe.

In Unkenntnis der technischen Kenntnisse der LeserInnen erläutere ich einiges von Grund auf. Wer es lieber etwas technischer mag, der ist gerne in mein Blog eingeladen.

Weblogs sind meist per se schon barriereärmer, da sie den Fokus mehr auf den Text als auf andere Gestaltungselemente legen. Die meisten Blog Engines (die Software) trennen auch zwischen Inhalt und Layout, bieten also moderne Webstandards mit CSS und Co.

Je mehr Funktionalität aber hinzukommt, umso mehr Barrieren baut man als BloggerIn wieder auf.

## Warum Barrierefreiheit?

In den 10 Jahren, seit denen ich im Web Angebote setze, erhielt ich erst einmal eine Beschwerde, nämlich dass der Farbkontrast meiner Website zu schlecht sei. Ansonsten äußerte sich noch nie jemand, dass meine Websites nicht bedienbar wären. Aber ist das ein Grund beim Status Quo zu bleiben? Wie viele potentielle LeserInnen haben sich wortlos von meinem Blog abgewandt, da es für sie nicht bedienbar war. Ich selbst ärgere mich z. B. immer wieder darüber, dass ich Captchas nicht lesen kann und habe sie daher von meinem Weblog verbannt.

Die Auseinandersetzung mit den Grundbegriffen der Barrierefreiheit war für mich auch ein erster wichtiger Lernschritt, denn ich begann mich erstmals grundlegend mit dem Aufbau meines Weblogs zu beschäftigen. Barrierefreiheit (Accessibility) und prinzipielle Bedienbarkeit (Usability) eines Weblogs sind zwar nicht deckungsgleich, aber sie haben Überschneidungspunkte.

Ein Beispiel: Früher fand sich in meinem Weblog in der Navigationsleiste auch eine Tag Cloud. Der Hinweis, dass die Cloud in dieser Form nicht barrierefrei sei, brachte mich zur Überlegung, wer denn überhaupt ein solche verwirrende Liste an Begriffen nutzt. Wer von meinen LeserInnen weiß, was Tag Clouds überhaupt bedeuten sollen? So verschwand sie aus meinem Blog. Nicht, dass dies immer die Beste aller Lösungen wäre, aber weniger ist manchmal doch einfach mehr.

## Open Source versus Barrierfreiheit

Die meisten Weblog Systeme sind Open Source und werden von begeisterten ProgrammiererInnen in ihrer Freizeit weiter entwickelt. So auch Serendipity. Es gibt keine Firma, die einen Business Plan und vor Augen hat und zig ProgrammiererInnen nach genauen Zeitplänen beschäftigt. Im Gegensatz dazu entwickeln bei Serendipity unterschiedlichste Menschen das, was sie für sinnvoll halten. Einem kleinen Kern von EntwicklerInnen, die sich bemühen, immer wieder an das Ganze zu denken, stehen weitere zur Seite, die Verbesserungsvorschläge einbringen oder einen Bug (Fehler) beheben. So entsteht ein komplexes Gebilde, das sich nicht von heute auf morgen einfach ändern lässt.

Serendipity hat schon einige Jahre Entwicklungszeit hinter sich und damals dachte niemand daran, sich mit Fragen der Accessibility zu beschäftigen. Nun stand für mich die Frage im Raum, wie und ob das heutzutage zu ändern ist.
Serendipity besteht im Grunde aus drei Bereichen: Dem „Kern“, der die grundsätzlichen Funktionalitäten beinhaltet und das Herz der Software ausmacht. Mittels „Plugins“(Funktionserweiterungen) kann man diese Fähigkeiten erweitern. Die Plugins werden von den verschiedensten EntwicklerInnen beigesteuert. Deren Interesse ist es meistens, dass eine bestimmte Funktionalität für ihr eigenes (oder ein anderes) Blog zur Verfügung steht. Der dritte Bereich sind die so genannten Themes/Templates, die das Aussehen des Weblogs steuern. Das beinhaltet, ob meine Navigationsleiste links oder rechts zu sehen ist, ob ich im Kopf eine Grafik anzeigen lasse oder welche Farbe meine Überschriften und Links haben.
Dieser kurzer Einblick zeigt, dass eine Blogsoftware wie Serendipity nicht aus einem Stück besteht, sondern, dass viele Menschen und viele Komponenten mitspielen, damit BenutzerInnen ein gut aussehendes und funktionales Weblog erblicken und bedienen können. Es zeigt aber auch, dass hier nicht eineR allein darüber entscheiden kann, dass Serendipity von heute auf morgen barrierefrei wird.

## Der erste Schritt – wo beginnen?

Als ich damit begann, mir Gedanken über die Barrierefreiheit meines Weblogs zu machen, war es für mich nahe liegend mich an Matthias Mees, den Entwickler meines Templates, zu wenden. Die meisten BloggerInnen haben diese Möglichkeit jedoch nicht. Viele laden sich ein vorgefertigtes Template aus dem Web und müssen damit leben ? wenn sie sich nicht selbst mit Webdesign auskennen. Diese Gruppe der reinen AnwenderInnen macht wohl den größten Teil der NutzerInnen von Weblogs aus.

Es zeigte sich schnell, dass es mit Änderungen am Template allein nicht getan war. Denn manches hätte einen Eingriff in den „Kern“ bedeutet und ist damit ohne tief greifende Änderungen kaum möglich. Sofern man sich für das eigene Blog selbst daran wagt, diese Änderungen vorzunehmen, steht man wiederum danach vor einigen Problemen. Sollte ein Update der Blogsoftware herauskommen, muss man dieses modifizieren. Wie Plugins auf die selbst gestrickten Modifikationen reagieren, ist allerdings oft nicht absehbar. Daher ist dieser Weg nur für ganz wenige einschlagbar.
Apropos Plugins. Auch diese können Einfluss auf die Barrierefreiheit des Weblogs haben. Hier Änderungen herbeizuführen, kann sich ebenso als tückenreich erweisen. Denn manchmal ist der/die EntwicklerIn des Plugins nicht mehr erreichbar – und wenn, ist dieseR möglicherweise erst von den Änderungen zu überzeugen.

## ExpertInnen finden

Auf dem Weg zur Barrierefreiheit tauchen immer wieder Fragen auf, wie denn dies oder jenes umzusetzen sei. Wohin soll ich Sprungmarken für Screenreader BenutzerInnen legen, wie soll ich die Navigation prinzipiell anlegen?
Nimmt man allein die Richtlinien des World Wide Web Consortiums (W3C) zur Hand, findet man technische Details oder allgemeine Hinweise, aber in vielen Fällen nichts zur konkreten Umsetzung. Sucht man im Web, so sind viele Hilfestellungen auf klassische Websites ausgerichtet, die auf Weblogs häufig nur eingeschränkt anwendbar sind.
ExpertInnen, an die man seine Fragen richten kann, sind auch im Internet nicht häufig anzutreffen.

Ich hatte Glück. Aufgrund eines Blogeintrags wurde mit Martin Ladstätter ein Experte auf mich aufmerksam und ich konnte mit seiner Hilfe und seinen Ratschlägen meinen Template-Entwickler unterstützen. WebloggerInnen, die sich ganz allein auf den Weg zur Barrierefreiheit machen, bräuchten hierbei sicherlich noch einiges an Hilfestellung, wie sie eventuell auch dieses Buch bieten kann.

## Mein Blog erschaffen oder Das h1 Problem oder Der Geist Barrierefreiheit

Die schon erwähnten Richtlinien (WCAG) der W3C sind richtungsweisend. Dorthin muss man sich bewegen, um das eigene Webangebot barrierefrei anbieten zu können. Sie bieten jedoch keinen perfekten Handlungsleitfaden, der jeden einzelnen Punkt zum Abhaken anbietet.

Hier kommt der Geist der Barrierefreiheit ins Spiel.

Ein markantes Beispiel in meinem eigenen Blog war die „h1 Frage“. Die WCAG Richtlinien besagen:

>Verwenden Sie Überschriften-Elemente, um die Struktur eines Dokuments darzustellen und verwenden Sie sie gemäß der Spezifikation.

Das bedeutet auch, dass Überschriften strukturiert angeboten werden müssen. Die oberste Überschrift bekommt die Auszeichnung h1, etwaige Subüberschriften eine h2, usw. usf. Die Diskussion begann nun, ob nun der Titel meines Weblogs – der auf jeder Seite ganz oben zu finden ist – als h1 ausgezeichnet werden soll oder doch der Titel meines jeweiligen Blogbeitrags.

Die Frage wurde heftig diskutiert und sogar Accessibility ExpertInnen waren unterschiedlicher Meinung. Die Antwort war nicht irgendeine technische Definition. Ich musste sie mir selbst erarbeiten in dem ich mich fragte, wohin ich die Aufmerksamkeit meiner Leserinnen richten wollte.

Auch dies war ein langsamer Prozess. Am Anfang klammerte ich mich an Richtlinien und andere Hilfestellungen. Erst mit der Zeit lernte ich, dass die Suche nach dem Gespräch mit betroffenen Menschen und das Daraufeinlassen, wie unterschiedliche Menschen unterschiedlich mit dem Web umgehen, einem viel mehr Erkenntnis bringt.

## Von WYSIWYG zu HTML

Ein leidige Angelegenheit sind die so genannten WYSIWYG (What you see is what you get) Editoren. Diese sollen einem ermöglichen, so einfach wie in einer Textverarbeitung auch einen Artikel für seine Website/Weblog zu editieren. Nur leider sind viele dieser Editoren nicht perfekt. Hat man einen Text mehrfach umformatiert, so findet sich im Quelltext der Website „kaputter“ HTML-Code, der die Seitendarstellung mehr als verunstalten kann.

Den Schritt zu setzen und auf einen solchen Editor zu verzichten und stattdessen direkt meine Texte mit HTML-Tags auszuzeichnen, war für mich nicht leicht.

Ich lernte und lerne immer noch einiges über den semantisch richtigen Aufbau eine Website, gewöhnte mich daran, den Texten eine klare Struktur zu geben. Die wenigen Befehle, die man oft benutzt, um Links und Überschriften zu setzen bzw. auf Bilder zu verweisen, sind noch dazu rasch gelernt.

Das Endergebnis belohnt einem dann für die ersten mühseligen Schritte. Es gibt keine seltsamen Umbrüche und vieler anderer Merkwürdigkeiten mehr.

Wer diesen Schritt nicht „wagen“ möchte, für den/die nahen mit der nächsten Generation einiger HTML-Editoren bessere Hilfestellungen

## Nach- und Vorlese

Wer mehr und tiefer gehend über meine bisherigen Bemühungen lesen möchte und auch wie das Projekt in Zukunft weitergeht, kann dies gerne live mitverfolgen. Im Gegensatz zu einem Buch können in einem Weblog Kommentare angebracht, Fragen gestellt und Antworten gegeben werden, zu denen ich Sie ganz herzlich einladen möchte.

## Ergänzendes

Hier endete eigentlich der Buchtext. Nachdem sich aber in meinem Artikel noch zwei kleine Textboxen mit Erläuterungen befinden, will ich euch diese nicht vorenthalten:

### Serendipity – die andere Blogsoftware

Neben dem allgegenwärtigen WordPress existieren weitere Blog-Engines, mit denen man sein eigenes Weblog betreiben kann, u.a. auch Serendipity (kurz „S9y“ genannt). S9y (www.s9y.org) bietet alles was man zum Bloggen benötigt. Die Installation ist einfach und die Verwaltungsoberfläche gut strukturiert, sodass man schon nach kürzester Zeit seinen ersten Blogbeitrag schreiben kann. Eine der herausragendsten Funktionen ist „SPARTACUS“, ein Funktion mit der man weitere Plugins online vom einem zentralen Server nachladen kann. Damit lässt sich S9y massiv erweitern und somit nicht nur als Blog, sondern auch als Online-Fotoalbum oder als einfaches Content Management System nutzen. Dem weiteren Ausbau sind keine Grenzen gesetzt. So bieten weitere Plugins vielfältige Funktionen, z. B. Downloadmanager, FAQ- bzw. Link-Liste, Bloggen über E-Mail oder Mobiltelefon, Veranstaltungskalender, Einbindung anderer Webdienste wie Flickr, Amazon, del.icio.us, …

Deutschsprachige Entwickler und ein deutschsprachiges Subforum auf board.s9y.org sind für manche/n sicherlich ein weiterer Grund S9y auszuprobieren.

### Weblog: Der Versuch einer kurzen Erklärung

Eine allumfassende Definition des Begriffs „Weblog“ bzw. „Blog“ hat bisher noch niemand geschrieben. Der Versuch, es mit „Tagebuch im Web“ zu beschreiben, greift wohl viel zu kurz. Weblogs zeichnet aus, dass sie Texte nicht hierarchisch gliedern, sondern das diese aus einzelnen Artikeln bestehen, die in chronologischer Reihenfolge – die Neuesten immer zuerst – aufgelistet sind. Das hat natürlich Ähnlichkeiten mit einem Tagebuch. Darüber hinaus finden sich aber Weblogs zu den unterschiedlichsten Themen – von Hobbies bis zur Politik, von Technik bis Philosophie. Weblogs waren Vorreiter des so genannten Web 2.0 oder „Mitmach-Webs“. Die Installation und die Verwaltung eines Weblogs ist meistens einfach und erlaubt den leichten Einstieg. Kommentarfunktionen ermöglichen die direkte Kommunikation zwischen BloggerInnen und LeserInnen. Die Vielfältigkeit der Vernetzungsmöglichkeiten zwischen einzelnen Weblogs und mit anderen Webangeboten waren immer schon eine Stärke von Weblogs. So sind Trackbacks, Pingbacks und RSS nur ein paar der dazu gehörenden Stichworte, die man in Wikipedia gut erklärt bekommt.

3 Kommentare

  1. Da heute im Team die Frage aufkam, wie und ob man Tagclouds barrierefrei gestalten kann, hier ein paar Gedanken dazu. Tagclouds sind in erster Linie eine optische Orientierungshilfe. Je nach Definition erkennt der Nutzer auf einen Blick, welche Begriffe oft nachgefragt werden (wertende Ausrichtung) oder zu welchen Bereichen zahlreiche Beiträge vorhanden sind (inhaltliche Ausrichtung). Da es sich bei einer Tagcloud um eine Liste von Links handelt, ist es sinnvoll, für die Darstellung die HTML-Listenform…

  2. Heute kommentierte ich im “Stufenlos Blog” (Artikel zum Blue Beanie Day). Nachfolgend nochmals mein Text – ein klein wenig erweitert.Immer wieder kommt der Hinweis, dass für so eine kleine Zielgruppe (gemeint sind behinderte Menschen) d

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